Von schlecht hören bis taub, von schlecht sehen bis blind, von leichter Blasenschwäche bis komplette schwerste Inkontinenz – ich sehe, höre oder erlebe hier drei vergleichbare Dinge und keinerlei Grund für unterschiedliche Gewichtungen. Mal sind Medikamente möglich bis nötig, mal können OPs helfen, ohne viel zu riskieren. Aber in den meisten Fällen helfen einfache Hilfsmittel, die so auch am häufigsten Anwendung finden, am verbreitesten sind, egal ob Brille, Kontaktlinsen, Hörgeräte oder div. Arten von Windeln (Einlagen, Vorlagen, Pants, Inkoslips). Das betrifft alle Gesellschaftsschichten und Altersklassen!
Warum also nicht mit gleichem Selbstverständnis anwenden, vorleben, nachvollziehen uvm.? Wohl weil es nicht so objektiv, neutral und gelassen in der Gesellschaft dargestellt und gelebt wird. Warum ich die Aktionen, Statements und Hashtags #incontinencepride, #wewearbecausewecare und #iwearbecauseicare hier und bei Twitter trotz der schon arg normalisierenden, frech-freien Art so mag und irgendwie auch unterstütze, daran Anschluss finde?
Weil immer mehr unbetroffene Experten und auch leidende Betroffene in Selbsthilfegruppen die (anderen) Inkontinenten darin bestärken, dass selbst risikoreiche, nebenwirkungsreiche oder wirkungsbeschränkte stetig wiederholte Medikamenteneinnahmen, Operationen und Katheterisierungen per se besser seien, als das Tragen einer Windel, das stets am dringendsten zu vermeiden wäre, ja die verteufelt wird, obwohl sie sofortige Freiheit und Entspannung der Lage bringt, bei Bedarf auch dauerhaft, nicht nur zu Hause, sondern gerade auch draußen in der Gesellschaft, obwohl sie der einfachste und natürlichste Weg ist, damit umzugehen und dazu nur etwas mehr Gelassenheit und Akzeptanz bei sich selbst und in der Gesellschaft geschaffen werden muss. Ich will gar nicht bestreiten, dass es ganz viele lohnenswerte und auch nötige Eingriffe und Medis gibt, Abklärungen sowieso! Aber dass ganz viel nur auf der Verzweiflung beruht, mit jedem Mittel saugende Hilfsmittel zu vermeiden, weil noch der lockere Umgang damit wie beim Brillentragen fehlt, ist für mich ein Fakt, der auch von Leuten untermauert wird, die für die Vermeidung im Viertelstundentakt auf die Toilette rennen. DAS zerstört doch das Leben, lenkt den Fokus einfach auf ganz falsche Dinge. Anderes Beispiel: Man drängt die Brillenträger ja auch nicht zu einer Lasic und das Schimpfwort Vierauge ist auch fast verschwunden. Genau das scheint die Organisation hier mit ihren Aktionen bezüglich Inkontinenz und Windeln zu verfolgen. Ich finde das vorbildlich, richtig und wichtig. Es repräsentiert vor allem eine Gruppe Betroffener, die diesen Weg schon eingeschlagen sind und sich bisher weder erhört noch verstanden wissen.